Regierungspläne zum EEG 2.0: Förderung von Offshore- und Kohlestrom durch Ende der Bürgerenergiewende mit Kleinanlagen

Peter Altmaier erntete im letzten Jahr zu Recht erhebliche Kritik, als er mit unausgereiften und vollkommen fehlgeleiteten Plänen für eine „Strompreisbremse“ an die Öffentlichkeit trat. Groß waren die Erwartungen der Kleinanlagenbetreiber, Investoren und Bürger, als Energieminister Sigmar Gabriel das Zepter vom gescheiterten Peter Altmaier übernahm und die Fortführung der Energiewende zur zentralen Aufgabe seiner Amtszeit erklärte. Doch anstatt ein ausgewogenes Konzept zur Fortführung der Energiewende unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen von Erzeugern und allen Verbrauchern zu erarbeiten, präsentierte Gabriel am gestrigen Donnerstag die bereits abgestraften Pläne seines Vorgängers und plant diese binnen weniger Monate durch das Parlament zu peitschen.

Die Bundesregierung konnte Gabriel mit seinen Plänen überzeugen. Seine Kabinettsvorlage „Eckpunkte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ hin zu einem „EEG 2.0“ wurde gestern beschlossen und sieht eine Abstimmung am 26. oder 27. Juni im Bundestag vor, damit das EEG 2.0 bereits am 1. August dieses Jahres in Kraft treten kann. Für Neuanlagen sollen ab diesem Termin die Regelungen und Fördersätze des EEG 2.0 gelten. Eine Ausnahme sieht das Eckpunktepapier lediglich für Windkraftanlagen vor, welche bis zum Ende des Jahres die derzeitigen Fördersätze erhalten, sofern der Bau bereits vor dem 22. Januar genehmigt wurde.

Details zur bevorstehenden Novellierung des KWK-Gesetzes verrät das beschlossene Eckpunktepapier nicht. Gleichwohl sind auch BHKW-Betreiber von den vorgestellten Plänen des Energieministers betroffen. So sollen alle Eigenerzeuger, auch für Bestandsanlagen, zukünftig einen Teil der EEG-Umlage auf ihren selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom zahlen. Bisher viel diese Umlage in Höhe von derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde nur bei einem Verkauf von Strom an.

Während diese Einbeziehung bei Kohlekraftwerken, die lediglich zur Abgabenoptimierung von großen Industrieunternehmen zum Schein gepachtet werden, durchaus sinnvoll und geboten erscheint, ist die geplante Belastung von KWKG- und EEG-Anlagen mit einer Umlage, die eigentlich deren Förderung dienen soll, geradezu grotesk. Durch eine Belastung mit der EEG-Umlage für Selbstverbraucher werden die bestehenden Förderungsmechanismen des KWK-Gesetzes vollkommen ad absurdum geführt und auch bereits realisierte PV-Anlagen mit einer Ausrichtung auf einen gesamtwirtschaftlich sinnvollen und die Stromnetze entlastenden Eigenverbrauch können in die Unwirtschaftlichkeit rutschen.

Konkret sieht der derzeitige Entwurf vor, dass der Eigenverbrauch aus neuen Anlagen zur Stromerzeugung grundsätzlich mit 90 Prozent der regulären EEG-Umlage belastet werden soll. Für neue EEG-Anlagen sowie neue KWK-Anlagen soll die Belastung 70 Prozent der regulären EEG-Umlage betragen. Bestandsanlagen sollen mit der Differenz zwischen der EEG-Umlage von 2013 zur EEG-Umlage in der aktuellen Höhe zum jeweils anzuwendenden Prozentsatz belastet werden. Für neue EEG- und KWK-Anlagen würde die Umlage in diesem Jahr dementsprechend 4,368 Cent je Kilowattstunde betragen. Die Förderung für neue Mikro-BHKW beträgt jedoch momentan nur 5,41 Cent je kWh.

Die neue Belastung würde dementsprechend 80 Prozent der KWK-Förderung sofort wieder verschlingen und somit den Ausbau kleiner KWK-Anlagen faktisch zum Erliegen bringen. Bestands-BHKW würden 2014 zudem mit 0,672 Cent je Kilowattstunde belastet. Bei einer Berechnung der Mehrbelastung von einem neuen BHKW pro Kalenderjahr wird schnell die exorbitante Dimension der Belastung deutlich. Bei einer angenommenen Laufzeit von 6.000 Stunden sowie einer Eigenverbrauchsquote von 70 Prozent ergeben sich mit einer Belastung in Höhe von 70 Prozent der EEG-Umlage von 2014 folgende Abgaben:

BHKW-Klasse
und Leistung
Geschätzter
Eigenverbrauch
Mehrbelastung einer
Neuanlage 2014
Mehrbelastung über
10 Jahre
Mikro-BHKW mit 5,5 kW el.
in einem kl. Mehrfamilienhaus
23.100 kWh1.009 €10.090 €
Mikro-BHKW mit 15 kW el.
in einem Mehrfamilienhaus
63.000 kWh2.752 €27.520 €
Mikro-BHKW mit 20 kW el.
in einem Bürogebäude
84.000 kWh3.669 €36.690 €
Mini-BHKW mit 50 kW el.
in einem kleinen Altenheim
210.000 kWh9.173 €91.730 €

Freuen darf sich jedoch unabhängig von diesen Belastungsplänen kleiner hocheffizienter KWK- und PV-Anlagen zur Eigenverbrauchsdeckung die Industrie: Die privilegierte Entlastung der stromintensiven Industrie von der EEG-Umlage soll europarechtskonform weiter entwickelt werden. Um bei dieser Klientelpolitik nicht den Zorn tausender Kleinanlagenbetreiber herauf zu beschwören, sieht der aktuelle Plan ein Beruhigungsplacebo für die Betreiber von Kleinanlagen bis 10 kW elektrischer Leistung vor, welche bei einer Erzeugung von weniger als 10.000 kWh nicht belastet werden sollen. Während dies bei PV-Anlagen die Einfamilienhausbesitzer zum Teil erfasst, produziert selbst ein Nano-BHKW mit 2 kW elektrischer Leistung in größeren Einfamilienhäusern bereits bei einer Jahreslaufleistung von nur 6.000 Stunden bereits 12.000 Kilowattstunden Strom und fällt damit aus der Befreiung. Abgesehen von kleinen Niedrig-Energie-Einfamilienhäusern sind somit alle BHKW-Betreiber von den Plänen der Regierung betroffen.

Die Prognose ist klar: Wenn die Pläne der Regierung in der jetzigen Form umgesetzt werden, werden die bestehenden Fördermaßnahmen für den Zubau umweltfreundlicher EE-Stromerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung im Wohngebäudebereich bereits im diesen Jahr zu 80 Prozent aufgezehrt – mit steigender Tendenz in den kommenden Jahren. Der Ausbau von Photovoltaik- und Kraft-Wärme-Kopplung im Wohngebäudebereich würde sofort vollkommen zum Erliegen kommen. Und auch im Umfeld kommunaler Versorgung sowie im Mittelstand sinkt der Anreiz umweltfreundliche Techniken einzusetzen, was zu einem weiteren Ausbau von ineffizienten und klimaschädlichen Kohlekraftwerken führen wird.

Sinnvoller als die Zerstörung der Bürgerenergiewende wäre die Belastung abgeschriebener Kohlemeiler zur industriellen Versorgung ohne die geplanten Hintertüren sowie eine umfangreiche Prüfung der Industrierabatte auf Netzentgelte und Umlagen. Der Strompreis für Graustrom ist in den letzten Jahren nicht zuletzt durch die Quersubventionierung unter dem Deckmantel der EEG-Umlage durch die Kleinverbraucher bezahlt worden.

Für das EEG 2.0 kann es daher nur eine saubere Lösung geben: Strom aus Anlagen, die nach dem EEG oder dem KWKG gefördert werden, darf grundsätzlich nicht mit KWKG- oder EEG-Umlagen belastet werden. Die Schlupflöcher für den Selbstverbrauch von Graustrom, beispielsweise aus Kohlekraftwerken ohne KWK-Nutzung, müssen hingegen geschlossen werden – nicht nur zu 90 Prozent mit weiteren Hintertüren. (lfs)

Links zu dieser Meldung
– Download: EEG 2.0 Kabinettsvorlage als PDF-Dokument
Das EEG soll sich selbst kannibalisieren (Telepolis)
Auch Besitzer von Solaranlagen sollen EEG-Umlage zahlen (Focus)
EEG 2.0 – Umwelt- und Klimaschutz ist nur noch eine Randbemerkung (HuffPost)
Neues EEG würde den KWK-Ausbau zum Erliegen bringen (BHKW-Infozentrum)
Pläne der Bundesregierung bedrohen Ausbau der KWK (B.KWK)
Appell zum EEG 2.0 – Energiewende nicht Absägen (Campact)

 

17 Responses to Regierungspläne zum EEG 2.0: Förderung von Offshore- und Kohlestrom durch Ende der Bürgerenergiewende mit Kleinanlagen

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