LichtBlick beendet Verkauf der ZuhauseKraftwerke, Entwicklung wird fortgesetzt und SenerTec übernimmt den Vertrieb

In einem Artikel für die Energiedepesche fragten wir vor zwei Wochen: „Stottert der Motor vom ZuhauseKraftwerk?“ und beleuchteten unter diesem Titel die Entwicklung sowie den aktuellen Projektstand von LichtBlicks ZuhauseKraftwerk. Diese Frage lässt sich seit letzter Woche eindeutig beantworten: „He’s dead, Jim“, oder in den Worten von LichtBlicks Pressesprecher Ralph Kampwirth im Gespräch mit der BHKW-Infothek: „Wir haben immer daran geglaubt, das Projekt zusammen mit Volkswagen sehr erfolgreich durchziehen zu können. Leider hat uns unser Kooperationspartner enttäuscht und LichtBlick sieht sich nun gezwungen, den Verkauf der Volkswagen-BHKW einzustellen. Diese Entscheidung ist endgültig.“

Hintergrund der ZuhauseKraftwerke
Vor knapp fünf Jahren verkündete LichtBlick innerhalb weniger Jahre 100.000 ZuhauseKraftwerke errichten zu wollen. Gemeinsam mit Volkswagen entwickelte und testete der Hamburger Ökostromanbieter die von VW im Werk Salzgitter produzierten Blockheizkraftwerke vom Typ EcoBlue. Zunächst erfolgte der Ausbau in Hamburg und anschließend in immer mehr Modellregionen im gesamten Bundesgebiet. Insgesamt sollten die 100.000 anvisierten BHKW gleich zwei Atomkraftwerke ersetzen. Die BHKW-Branche war freilich geschockt und befürchtete von zwei großen Konzernen ausradiert zu werden. Nicht nur die Übermacht der beiden großen Marken, sondern auch die Tatsache, dass interessierte Hausbesitzer an statt ein entsprechendes BHKW für mehr als 30.000 Euro kaufen zu müssen, bei LichtBlick nur 5.000 Euro Baukostenzuschuss zahlen sollten, nährte diese Befürchtung. Darüber hinaus sollten mit einem monatlichen Grundpreis von effektiv 15 Euro alle Wartungs- und Reparaturkosten abgegolten werden. Der Verbraucher genießt bei diesem „Contracting“ genannten Modell den Komfort eines Fernwärmeanschlusses und erhält obendrein für jede in seinem Heizungskeller erzeugte Kilowattstunde Strom einen Bonus von bis zu 2,5 Cent.


Auf der Hannover Messe 2014 war LichtBlick noch sehr zuversichtlich

Anlaufschwierigkeiten
Das Blockheizkraftwerke nicht „im Prinzip auch nur Autos ohne Räder“ sind, wie der zuständige Projektleiter der VW-Forschung anfangs selbstsicher im Fernsehen erklärte, merkte Volkswagen schnell: Denn nach nur etwa 50 bis 60 installierten Anlagen ließen ständige Störungen und Ausfälle die Servicetechniker zwischen den ersten Kunden im Kreis fahren. Der Neubau von Anlagen kam nahezu vollkommen zum Erliegen. 2011 konnte der Vertrieb mit einer überarbeiteten Generation des Volkswagen EcoBlue BHKW schließlich durchstarten und neben den Besitzern einzelner Objekte auch mehrere Wohnungsbaugesellschaften für die kleinen BHKW gewinnen. Wie die BHKW-Infothek im Juli 2012 berichtete, soll der LichtBlick-Gründer und Mehrheitseigner Michael Saalfeld, trotz der für die BHKW-Branche guten Zahlen, mit der Entwicklung des Projektes insgesamt nicht zufrieden gewesen sein und als Konsequenz die Absetzung des damaligen LichtBlick-Vorstandsvorsitzenden Christian Friege veranlasst haben. Heiko von Tschischwitz wurde daraufhin erneut zum Vorstandsvorsitzenden berufen und bündelte die Kräfte für das ZuhauseKraftwerk aus den Bereichen Technik, Vertrieb sowie Kundenbetreuung zu einer einzigen Abteilung.

Paradigmenwechsel
Wie die BHKW-Infothek am 1. Oktober 2012 aufdeckte, hatte LichtBlick den Vertrieb des Contractingmodells ohne eine öffentliche Erklärung in der Zwischenzeit eingestellt. In den Monaten zuvor hatte LichtBlick bereits den Baukostenzuschuss für Neuverträge verdoppelt und den Stromerzeugungsbonus stark gekürzt. Niederschmetternd fielen dementsprechend die Meinungen von Interessenten über die neuen Konditionen in Leserzuschriften an die BHKW-Infothek aus. “Das muss sich jeder Hausbesitzer dann doch zweimal überlegen”, stellte Ingeborg G. fest. Hans L. rechnete für sein Dreifamilienhaus nach und kam zu dem Schluss, dass “mit diesen Preisen jede Brennwerttherme bei den Installationskosten und im Betrieb günstiger” sei. Auch an LichtBlick ist diese Reaktion des Marktes auf die neuen Tarife nicht unbemerkt vorbeigegangen: Nach nicht ganz vier Wochen waren die neuen Tarife mit der vorläufigen Vertriebseinstellung bereits wieder Geschichte.

Das ZuhauseKraftwerk im Verkauf
Noch im Oktober 2012 gab LichtBlick bekannt, dass das Contractingangebot nicht fortgesetzt wird und das ZuhauseKraftwerk zukünftig für 27.990 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und Installationskosten zum Kauf angeboten wird. Nach den sehr guten Contractingkonditionen in den ersten Jahren, lief der Verkauf nur sehr schleppend an. Während in den ersten beiden Jahren des Projektes etwa 1.000 Anlagen im Contracting vertrieben wurden, wechselten im Verkauf in den letzten beiden Jahren nur etwa 500 ZuhauseKraftwerke den Besitzer.

SenerTec Messestand auf der SHK Essen 2014 (Bild: BHKW-Infothek)

Interessierte Messbesucher bei SenerTec auf der SHK Essen 2014

Das ZuhauseKraftwerk von SenerTec?
Auf der ISH 2013 zog SenerTec überraschend ein Ass aus dem Ärmel und erweiterte sein Produktangebot mit dem „Dachs Pro 20 ST“ um ein Gerät in der 20 kW Klasse, das dem ZuhauseKraftwerk von LichtBlick sehr ähnlich sah. Tatsächlich handelt es sich beim Dachs Pro 20 ST, wie auch beim LichtBlick ZuhauseKraftwerk, um das gleiche EcoBlue 2.0 BHKW von Volkswagen. Zum Einsatz kommt im EcoBlue 2.0 ein Gasmotor mit 2 Liter Hubraum, welcher auch im VW Caddy sowie VW Touran EcoFuel Verwendung findet und eine elektrische Leistung von 19,2 kW bei einer Heizleistung von 36,1 kW bereitstellt.

Umdenken in Salzgitter
Volkswagen schien folglich schon damals mit dem Vertriebsergebnis von LichtBlick nicht zufrieden gewesen zu sein und diversifizierte mit SenerTec den Vertrieb seines BHKW. Dennoch war auch LichtBlick im März 2013 noch sehr engagiert: “Wir haben in enger Kooperation mit Volkswagen die mit den 600 bereits installierten ZuhauseKraftwerken gewonnenen Daten und Erfahrungen ausgewertet und entwickeln eine neue Baureihe von ZuhauseKraftwerken mit zahlreichen Detailverbesserungen”, wie LichtBlick-Sprecher Kampwirth damals im Gespräch mit der BHKW-Infothek berichtete.


SHK Essen 2014: Stand der Markteinführung des Dachs Pro 20 ST

Der Verkauf bei SenerTec beginnt
Nach einer Erprobung des Dachs Pro 20 ST startete vor wenigen Monaten der Vertrieb. Neben einer anderen Gehäusefarbe zeichnet sich die von Volkswagen für SenerTec produzierte Variante des VW EcoBlue 2.0 in Generation 1.2 auch durch eine MSR2-Steuerung von SenerTec aus. Mit dieser Steuerung werden neben dem Dachs Pro 20 ST auch der Dachs HKA Profi und der Dachs Stirling SE ausgestattet, so dass sich alle BHKW von SenerTec einfach in das Dachsportal integrieren lassen und auch das Bedien- und Wartungspersonal eine hohe Familien-Kommunalität in der Bedienung vorfindet.

Der Preis ist heiß
Preislich bewegt sich SenerTec jedoch weit über dem letzten von LichtBlick kommunizierten Preis in Höhe von 27.990 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und Installationskosten. Der Dachs Pro 20 ST kostet laut aktueller Preisliste 40.090 Euro inklusive externem Wechselrichterschrank zuzüglich Pufferspeichern, Umsatzsteuer und Installationskosten. Insgesamt kommt das Basispaket mit Zubehör wie Pumpen und Pufferspeichern auf einen Preis von 42.670 Euro zzgl. Steuern.

SenerTec Dachs Pro 20 ST Einbauschema (Grafik: SenerTec)

SenerTec Dachs Pro 20 ST Einbauschema mit Zubehör

Die Entwicklung schreitet voran
SenerTec startet den Vertrieb des Dachs Pro 20 ST mit der Generation 1.2 des Volkswagen EcoBlue Blockheizkraftwerkes. Die Entwicklung bei Volkswagen ist dank der Erfahrungen mit LichtBlicks ZuhauseKraftwerken indes weiter vorangeschritten. Bereits seit einigen Monaten soll Volkswagen in Salzgitter eine neue Generation auf dem Prüfstand erproben, um die neuen Anlagen im Herbst zur Serienreife führen zu können. Wie mit dem Projekt Vertraute der BHKW-Infothek exklusiv berichteten, soll die kommende Generation erstmals auch einen modulierenden Betrieb unterstützen. Ein Betrieb mit reduzierter Leistung kann beispielsweise in Zeiten geringen Wärmebedarfs eine bedarfsgerechte Stromproduktion zur Optimierung des Eigenverbrauchs ermöglichen.

Verbesserungen nicht nur im Detail
Die neuen Anlagen sollen zudem kompakter werden, weshalb die Elektronik, die sich in der aktuellen Generation oben im Gerät befindet, zusammen mit dem Wechselrichter in einen separaten Steuerschrank wandern könnte. Darüber hinaus soll die bisher nur optional sowie extern nachrüstbare Brennwertnutzung serienmäßig mit einem integrierten Brennwertwärmetauscher erfolgen und der Abgasschalldämpfer wesentlich verbessert werden. Es bleibt abzuwarten, welche dieser Neuerungen es tatsächlich in die neue Generation des EcoBlue schaffen. Die Entwicklung scheint nach Einschätzung der BHKW-Infothek jedenfalls genau in die richtige Richtung zu gehen und wird das Volkswagen EcoBlue voraussichtlich deutlich aufwerten.

SenerTec Dachs Pro 20 ST auf der SHK Essen 2014 (Bild: BHKW-Infothek)

VW EcoBlue 2.0 als SenerTec Dachs Pro 20 ST mit MSR2 Regelung auf der SHK Essen 2014

Enttäuschung und Unverständnis in Hamburg
Die sehr positive technische Entwicklung sorgt bei LichtBlick für umso größere Verärgerung über das Scheitern der Partnerschaft: „LichtBlick hat erhebliche Ressourcen investiert, um die schwierige Entwicklung mit Volkswagen voranzutreiben. Wir haben gemeinsam mit VW den Acker über Jahre hinweg bestellt, die technologische Entwicklung gemeinsam vorangetrieben und nun, wo wir in die Erntephase gekommen wären, macht uns Volkswagen eine Fortsetzung mit inakzeptablen kommerziellen Forderungen unmöglich“, zeigt sich LichtBlick-Sprecher Ralph Kampwirth gegenüber der BHKW-Infothek sichtlich enttäuscht. „In den letzten Monaten haben wir unsere Vertriebsmannschaft nochmals verdoppelt und immer daran geglaubt, dass wir das hin bekommen“, erklärt Kampwirth.

Weitreichende Konsequenzen
Auch personell hat das Ende der ZuhauseKraftwerke für LichtBlick Konsequenzen: „Eine höhere zweistellige Zahl, daher etwa zwischen 50 und 100 Mitarbeiter“ wird LichtBlick entlassen müssen. Einzelheiten dazu stimmt die Geschäftsführung der LichtBlick SE in diesen Tagen mit dem Betriebsrat ab. Und auch, wenn LichtBlick in dem Projekt „ZuhauseKraftwerke“ vermutlich Millionen versenkt haben wird, trug das Projekt zum Umsatz von LichtBlick in 2013 nur etwa 9 Millionen Euro bei, was einem Anteil am Gesamtumsatz des Konzerns von weit weniger als 2 Prozent entspricht.

Fortsetzung von Forschung und Produktentwicklung
LichtBlick prüft nun Schadenersatzforderungen gegenüber Volkswagen. Unabhängig davon betonen sowohl LichtBlick, als auch Volkswagen, dass die weiteren Kooperationen zwischen den Unternehmen fortgesetzt werden sollen. Dazu zählen unter Anderem besondere Stromtarife von LichtBlick für die „Betankung“ von Elektroautos, aber auch die Einbindung der Akkus von E-Mobilen in das virtuelle SchwarmStrom-Kraftwerk von LichtBlick. Die aus der ZuhauseKraftwerk-Entwicklung hervorgegangenen Projekte wie „SchwarmStrom“, die Regelungstechnik „SchwarmDirigent“ und die Stromvermarktungsstrategie „ZuhauseStrom“ wolle LichtBlick fortführen und ausbauen, verspricht Kampwirth abschließend. (lfs)

Weiterführende Links zu dieser Meldung
– Link: LichtBlick beendet Verkauf von Volkswagen-BHKWs (LichtBlick)
– Link: LichtBlick droht Volkswagen mit Klage (Hamburger Abendblatt)
– Link: Zuhausekraftwerk gescheitert (BHKW-Infozentrum)
– Meldung: Der neue Dachs Pro 20 von SenerTec auf der ISH 2013
– Meldung: LichtBlick ZuhauseKraftwerke wechseln vom KWKG zum EEG
– Meldung: Das ZuhauseKraftwerk kann jetzt käuflich erworben werden
– Meldung: Vertrieb des LichtBlick ZuhauseKraftwerkes ausgesetzt
– Nachrichten: Weitere Meldungen zum ZuhauseKraftwerk von LichtBlick

 

6 Responses to LichtBlick beendet Verkauf der ZuhauseKraftwerke, Entwicklung wird fortgesetzt und SenerTec übernimmt den Vertrieb

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