Freie Nutzung von Gattungsbegriffen wie Mikro- oder Nano-BHKW

Ein Nano-BHKW auf der Hannover Messe 2011 (Bild: BHKW-Infothek)Nach Informationen des BHKW-Forum e.V. erhalten Zeitschriften und Webseiten, die ganz allgemein über Blockheizkraftwerke (BHKW) berichten und informieren derzeit unangenehme Post mit der Androhung einer Abmahnung: Es wird behauptet, dass Begriffe wie „Mikro BHKW“ oder „Nano BHKW“ rechtlich geschützt seien und deshalb nicht verwendet werden dürfen. Aber ist es rechtlich überhaupt zulässig, sich etablierte Gattungsbegriffe, die lediglich die Leistungsklasse bestimmter Anlagen beschreiben, als Marke schützen zu lassen, um diese einfach mit einer Markeneintragung zu besetzen, damit zu sperren und anschließend langjährige Marktteilnehmer auszusperren?

Muss die Branche jetzt auf Mikro- oder Nano-BHKW verzichten?
Die Antwort ist selbstverständlich ganz klar: Nein! Keiner der Begriffe „Mini-BHKW“, „Mikro-BHKW“ und „Nano-BHKW“ wurde unserer Kenntnis nach erfolgreich als Marke eingetragen. Dies wäre nach der Rechtsauffassung des BHKW-Forum e.V. auch garnicht möglich: Denn eine Marke muss nicht nur abstrakt, sondern konkret geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen von bestimmten Anbietern zu kennzeichnen und dadurch von Angeboten anderer Unternehmen zu unterscheiden. Daneben dürfen Marken nicht bloß beschreibender Natur sein und darüber hinaus dürfen Marken auch nicht eine im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich gewordene Gattungsbezeichnung besetzen. Dies gebietet ausdrücklich § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG mit dem Katalog der sogenannten „absoluten Schutzhindernisse“.

Aber ich habe diesbezüglich Post bekommen?!
Ein neuer Akteur in der BHKW-Branche hat im Jahr 2013 vergeblich versucht, sich einen solchen Gattungsbegriff schützen zu lassen, hat diesen Schutz aber letztendlich – vermutlich aus den genannten Gründen – nicht erlangt! Ungeachtet dessen wird seit wenigen Wochen mit Unterlassungsaufforderungen auch gegenüber unabhängigen Informationsplattformen versucht, einen solchen Gattungsbegriff nachträglich zu besetzen und dabei sogar behauptet, einen entsprechenden Markenschutz zu genießen. Der Verein BHKW-Forum kann in solchen Fällen nur raten sich nicht beirren zu lassen und seit vielen Jahren anerkannte Leistungsklassen für BHKW auch weiterhin zu verwenden.

Hintergrund der BHKW-Leistungsklassen
Blockheizkraftwerke waren früher in erster Linie in der Größe von „Heizkraftwerken“ mit mehreren Megawatt Leistung anzutreffen, wurden mit der Zeit aber immer kleiner und sind heutzutage von diversen Anbietern selbst in Baugrößen für Ein- und Zweifamilienhäuser serienmäßig verfügbar. Nachdem sich kleine „Mini-BHKW“ oder auch „Mini-KWK-Anlagen“ bei Stadtwerken und im kommunalen Bereich mit Leistungen bis 50 kW schon lange vor der Liberalisierung des Strommarktes etablieren konnten, legte in den 1990er Jahren das aus Fichtel & Sachs hervorgegangene Unternehmen SenerTec mit dem „Dachs HKA“ den Grundstein für eine neue BHKW-Klasse: Die „Mikro-BHKW“. Aber auch die Entwicklung noch kleinerer BHKW erfolgte bereits früh: 1987 wurde an der University of Canterbury in Neuseeland mit der Forschung an einem BHKW mit einem Kilowatt Leistung begonnen und mündete im Jahr 2008 im Joint Venture „Efficient Home Energy S.L.“, das zwischen 2010 und 2012 Blockheizkraftwerke vom Typ WhisperGen für den europäischen Markt produzierte. Parallel mit der Entwicklung des Microgen-Stirlingmotors und von Brennstoffzellen für die Gebäudeenergieversorgung ab den 1990er Jahren entstand neben der Mikro-BHKW-Klasse auch die Kategorie der „Nano-BHKW“. Die grundlegende Abstufung von „Mini“ über „Mikro“ zu „Nano“ ist aber keineswegs ein Sonderfall der BHKW-Branche: Ob Satelliten in der Raumfahrt oder SIM-Karten in der Mobilfunkbranche – abgestufte Gattungsbegriffe erleichtern die Orientierung.

Die genaue Definition ist strittig
Wo genau die Grenzen von Mini-, Mikro- und Nano-BHKW verlaufen ist nicht abschließend zu klären und ändert sich zudem mit dem Wandel der Zeit und insbesondere neuen Förderprogrammen. Während die europäische KWK-Richtline 2004/8/EG annahm, „micro cogeneration“ wäre die Leistungsklasse bei 50 kW elektrischer Leistung, hatte sich zu dieser Zeit in Deutschland für eben diese Klasse längst der Begriff der „Mini-BHKW“ oder „Mini-KWK-Anlagen“ durchgesetzt, wohingegen „Mikro-BHKW“ kleinere Anlagen bis 15 kW vorbehalten war (Pehnert, Micro-Cogeneration) und sich „Nano-BHKW“ auf Anlagen bis etwa 2,5 kW bezieht (LITRES Discussion Paper). Ungeachtet dieser etablierten Einteilung fördert das aktuelle „BAFA Mini-KWK-Impulsprogramm“ ausschließlich Anlagen bis 20 kW elektrischer Leistung und hätte daher eher den Namen „BAFA Mikro-KWK-Impulsprogramm“ verdient. Andererseits ist es auch gut vertretbar, dass alle Nano-BHKW zugleich auch Mikro-BHKW und diese beiden Gruppen immer auch Mini-BHKW sind. Die Zuteilung zu einer Gruppe ist folglich nicht exklusiv.

Fazit
Wie man es aber auch dreht und wendet: Es gibt nach Auffassung des BHKW-Forum e.V. definitiv nicht ein bestimmtes „Mini-BHKW“, „Mikro-BHKW“ oder „Nano-BHKW“, welches man sich markenrechtlich schützen lassen könnte, da es sich dabei ganz klar um seit vielen Jahren etablierte Gattungsbegriffe handelt. Dass sich diese etablierten Begriffe dennoch auch gut zur Kennzeichnung der eigenen Produkte nutzen lassen, bewiesen BHKW-Hersteler in den vergangenen Jahren schon mehrfach: So nannte der Hersteller Kirsch im Jahr 2011 sein erstes Aggregat „microBHKW“, im April 2013 das zweite vorgestelltes BHKW-Modell schlicht „nano“ und bis zur Insolvenz von proenvis wurde die kleinste Anlage aus dem Portfolio dieses Anbieters „prio 5.2 Nano-BHKW“ genannt. (lfs)

Hintergrund: Baugrößen und Bauformen von BHKW

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert