Finanzverwaltung akzeptiert Marktpreis für Wärme aus BHKW

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat kürzlich unterschiedliche Fragen zur Umsatzbesteuerung von Blockheizkraftwerken neu geregelt. Wesentliche Punkte sind die Anerkennung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Dezember 2012 und die Reduzierung der Entnahmewerte der Wärme. Weiterhin werden Regelungen zu Stromspeichern und für Wiederverkäufer von Strom getroffen, erläutert Steuerberater Rüdiger Querman.

Verwaltungsanweisung betrifft Umsatzsteuer
Das BMF trifft ausschließlich neue Regelungen zur Umsatzsteuer. Auswirkungen ergeben sich nur dort und soweit der Betreiber das BHKW dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat. Nur indirekt entstehen Folgen für die Einkommensteuer. Das seit langem beim BFH abrufbare Urteil (XI R 3/10) wurde zudem im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Mit dieser amtlichen Veröffentlichung ist das Urteil für die Finanzbehörden verbindlich. Hintergrund der unterschiedlichen Behandlung einer Veröffentlichung beim BFH und im Bundessteuerblatt ist die Verwaltungspraxis, unliebsame Urteile nicht anzuwenden. Diese Urteile werden nicht oder mit einem Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Die Verwaltung vertritt in diesen Fällen eine eigene Rechtsauffassung und provoziert neue Klagen.

Hin- und Rücklieferung von Strom bleibt
Viele BHKW-Betreiber speisen den nicht genutzten Strom gegen Vergütung in das Versorgungsnetz ein. Die Finanzverwaltung unterstellt für die Umsatzsteuer die Lieferung des gesamten erzeugten Stroms an den Netzbetreiber. Für den in Wirklichkeit selbst verbrauchten und physikalisch nicht eingespeisten Strom wird die zeitgleiche Rücklieferung des Netzbetreibers an den Betreiber angenommen. Diese Fiktion gilt nur für die Umsatzsteuer, nicht für die Einkommensteuer. Das BMF bestätigt die unveränderte Anwendung dieser Praxis nun auch für BHKW. Das Vorgehen gilt aber auch für »alte« PV-Anlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb gingen. Andere Vorschriften gelten für danach errichtete PV-Installationen, bei denen der Eigenverbrauch nicht vergütet wird.

Stromentnahme zum Marktpreis, nicht zu Selbstkosten
Wird erzeugter Strom selbst genutzt (die konstruierte »Rücklieferung«), stellt dies eine umsatzsteuerpflichtige Entnahme dar. Entnahmewert ist jetzt der ortsüblichen Wert, nicht mehr die Selbstkosten. Diese sind nur anzusetzen, wenn kein Anschluss an das öffentliche Stromnetz existiert. Das BMF folgt dem BFH-Urteil und verwirft den bisher geforderten Ansatz der Selbstkosten. Wer Strom unterhalb des ortsüblichen Preises produziert, wird abgestraft. Einen möglichen Ausweg bieten die Zuordnungswahlrechte beim BHKW. Diese erlauben die teilweise Zuordnung zum Unternehmensvermögen im Umfang der unternehmerischen Nutzung. Denkbar ist damit die Zuordnung nur im Umfang der Stromproduktion. Das vermeidet die Strafsteuer auf die Wärmeentnahme. Der Steuerersparnis steht allerdings der Arbeitsaufwand der Gestaltung gegenüber.

Wärmenutzung unverändert zu Selbstkosten
Wird die Wärme selbst genutzt, ist der Eigenverbrauch umsatzsteuerpflichtig. Fraglich war die Bemessungsgrundlage, speziell die Ermittlung der Selbstkosten. Der Erlass schafft in dieser Hinsicht Klarheit. Bemessungsgrundlage der Wärmenutzung ist wie beim Strom der fiktive Einkaufspreis für Wärme, hilfsweise die Selbstkosten. Voraussetzung für den Ansatz des Marktpreises ist die tatsächliche Erreichbarkeit der Fremdwärme. Dieses Erfordernis soll den Anschluss an ein Fernwärmenetz oder den jederzeitigen einfachen und preiswerten Zugriff auf andere Wärmequellen fördern. Die Einbeziehung von Wärmenutzungskonzepten, wie mobiler Wärmequellen, wird wegen der notwendigen aufwändigen Investitionen »regelmäßig« abgelehnt. Scheidet Fremdwärme als Vergleichsmaßstab aus, bemisst sich der Entnahmewert nach den Selbstkosten. Das wird in der Praxis der Regelfall sein.

Umfang der Selbstkosten
Die Selbstkosten umfassen alle durch den BHKW-Betrieb verursachten Kosten. Das sind zunächst die laufenden Kosten des Betriebs und der Wartung, wie beispielsweise Brennstoff- und Reparaturkosten. Weiter dazu gehören die Abschreibungen und Finanzierungskosten des BHKW. Der Ansatz der nicht vorsteuerbehafteten Finanzierungskosten als Bemessungsgrundlage für die umsatzsteuerpflichtige Wärmenutzung wird schon jetzt als nicht systemkonform angegriffen. Bei den Abschreibungen geht das BMF von einer linearen Abschreibung aus. Erfolgten degressive Abschreibungen (Abschreibungsmöglichkeit lief aus) oder Sonderabschreibungen nach § 7g EStG (Investitionsabzugsbetrag), ist eine Schattenrechnung für Zwecke der Umsatzsteuer erforderlich.

Aufteilung der Gesamtkosten
Die Gesamtkosten der Koppelproduktion von Strom und Wärme sind auf die einzelnen Energien in Strom und Wärme aufzuteilen. Die Aufteilung fordert das BMF nach dem Verhältnis der erzeugten Energien. Als einheitlicher Aufteilungsmaßstab sollen wie in der Vergangenheit die Kilowattstunden (kWh) Strom und Wärme dienen. Der erhebliche Preisunterschied zwischen der kWh Strom und Wärme ist nach Ansicht des Finanzministeriums unbedeutend. Andere Aufteilungsmethoden lehnt das BMF trotz der umfangreich geäußerten Kritik ohne jedwede Begründung ab. Bei einer Produktion von 70 kWh Wärme und 30 kWh Strom sollen somit 70% der Selbstkosten auf die erzeugte Wärme entfallen. Der so ermittelte Wert der Wärme liegt systematisch deutlich über dem marktüblichen Preis. Korrespondierend sind die Erzeugungskosten des Stroms zu niedrig.

Offenes Hintertürchen
Zum Ende der Ausführungen zur Wertermittlung rudert der BMF im Ergebnis völlig zurück. Er erlaubt auf Antrag den Ansatz der bundesdurchschnittlichen Kosten für Fernwärme. Der Ansatz ist an keine weiteren Bedingungen geknüpft, ein verfügbarer Fernwärmeanschluss wird nicht gefordert. Offen bleibt, ob die nicht der Wärme zuzurechnenden Kosten solche der Stromproduktion werden. Gemeint sein kann auch eine einseitige Deckelung des Wärmepreises ohne Auswirkung auf die Stromkosten. Diese Auffassung wäre jedenfalls vertretbar. Ein weiteres Schlupfloch bietet die Beschäftigung mit der angeblich (zu) kostenintensiven Investition zur Nutzung anderer Wärmeträger. Bereits die Kostenermittlung nach dem Fernwärmepreis führt aber vielfach zu einem erträglichen Ergebnis. Mehr vollständigkeitshalber führt der Erlass aus, dass die Regelungen zur Entnahme analog für die verbilligte Abgabe an nahestehende Personen gelten. Die Entnahmewerte stellen den Mindestwert dar, wenn der Abgabepreis darunter liegt.

Nicht angesprochen: Wärmeverluste
Der Bundesfinanzhof sieht eine Reduzierung der Selbstkosten für Wärme entsprechend den Abgasverlusten vor. Das BMF kommentiert dies nicht. Auch hier wird der Ansatz des Fernwärmepreises einem Streit vorzuziehen sein. Die Ermittlung der Entnahmewertes darf bis zum 31.12.2014 übergangsweise nach den Selbstkosten erfolgen. Ob dies wirklich Vorteile bringt, ist im Einzelfall zu rechnen.

Regelungen für Wiederverkäufer
Für Wiederverkäufer von Strom gelten bei Abrechnung der Umsatzsteuer Sonderregelungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 5b UStG). Wiederverkäufer ist, wer mehr als 50 Prozent des eingekauften Stroms weiterverkauft. Die aus der Bauwirtschaft bekannte Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG wird auch für den Stromhandel eingeführt. Die Steuerschuldnerschaft der Umsatzsteuer wechselt beim Verkauf an einen anderen Wiederverkäufer vom Lieferanten auf den Kunden. Der Stromlieferant liefert jetzt umsatzsteuerfrei. Neuer Steuerschuldner der Umsatzsteuer auf die erhaltene Lieferung wird der Stromkunde. Dessen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bleibt unverändert. Das geänderte Verfahren ist aufkommensneutral. Es ändert den formellen Weg der Steuererhebung, nicht die Höhe der Steuer. Für Kleinerzeuger, die Strom und Wärme selbst nutzen und den Überschusstrom einspeisen, ändert sich nichts. Betroffen sind Stromerzeuger, die den Überschussstrom selbst vermarkten. Dies sind z. B. Wohnungseigentümergemeinschaften, die den Strom an die Wohnungseigentümer beziehungsweise Mieter verkaufen. Obwohl der selbst produzierte Strom unberücksichtigt bleibt, wird der eingekaufte Zusatz- und Reservestrom vollständig verkauft und überschreitet damit die 50-Prozent-Grenze. Folge: Für den Verkauf an andere Wiederverkäufer kehrt sich die Steuerschuld um. Die Rechnungsstellung muss entsprechend angepasst werden.

Versteckte Regelungen für Stromspeicher
Im Erlassteil zur Photovoltaik verstecken sich Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Stromspeichern, von der Verwaltung fälschlich »Batterien« genannt. Die auf den ersten Blick präzisen Regelungen lassen Fragen offen. Der Vorsteuerabzug ist zu 100 Prozent möglich, wenn der Speicher dem Unternehmen zu mehr als 10 Prozent dient. Über den Prozentsatz wird entschieden, ob der Speicher oder die Gesamtanlage zur Stromerzeugung und -Speicherung umsatzsteuerlich ein «eigenes Zuordnungsobjekt« ist. Zur Vorsicht mahnt ein Urteil des Finanzgerichtes (FG) München zu Photovoltaikzellen und dem zugehörigen Wechselrichter (FG München 14. Senat, Urteil vom 03.04.2014, 14 K 1039/11). Das FG sah als Stromerzeugungsanlage ausschließlich die Strom erzeugende Photovoltaikzellen an. Der Wechselrichter dient nach Ansicht des FG der Weiterverarbeitung des schon erzeugten Stroms und ist damit Bestandteil der Erzeugungsanlage selbst. Das BMF lässt Einzelfragen zum »eigenen Zuordnungsobjekt« offen. Der Vorsteuerabzug auch privat genutzter Speicher ist damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Ausblick
Steuerliche Regelungen sind kurzlebig. Dies könnte in besonderem Maße für die aktuelle Dienstanweisung gelten, die nur untergeordnete Behörden bindet. Rechtsgrundlagen für Dritte werden nicht geschaffen. BHKW-Betreiber und Finanzgerichte dürfen – und werden voraussichtlich – unverändert abweichende Auffassungen vertreten. Vor allem aber sollten sie die gebotenen Wahlrechte nutzen. Die schon jetzt umstrittenen Punkte begünstigen künftige Streitverfahren. Erstes Angriffsziel können die Einbeziehung nicht vorsteuerbehafteter Kosten in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer, die Ablehnung von in Wirtschaft und Rechtsprechung anerkannter Aufteilungsmethoden von Strom und Wärme und die mit dem ebenso häufig wie vage genutzte Begriff »regelmäßig« getroffenen Regelungen sein. BHKW-Betreibern erlaubt der Erlass aber schon jetzt Steuersenkungen und die Hoffnung auf künftige Verbesserungen.

Ein Artikel von Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Rüdiger Quermann,
Mitglied und steuerrechtlicher Beirat im BHKW-Forum e.V. || (Webseite, Twitter-Feed, Google+)

Downloads und Links zu dieser Meldung
– Download: Schreiben „V D 2 – S 7124/12/10001-02“ des BMF als PDF-Dokument
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