EuGH bestätigt Unternehmereigenschaft von Kleineinspeisern

Titelgrafik Gastartikel von Rüdiger QuermannWenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, weiß der Volksmund zu berichten. Ganz ohne Häme darf man sich freuen, wenn ein Urteil in einer fremden Streitsache zum eigenen Vorteil ausgeht. Ganz besonders gilt dies für viele BHKW-Besitzer, die aufgrund eines aktuellen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Grund zur Freude haben, meint Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Rüdiger Quermann und erläutert Ihnen die Hintergründe.

Das Urteil
Der EuGH bestätigte kürzlich nochmals die Unternehmereigenschaft von Kleinerzeugern (Rs. C-219/12) und beugte damit einem Streitverfahren vor deutschen Gerichten vor. Gestritten wurde um die Unternehmereigenschaft und Vorsteuerabzugsberechtigung eines österreichischen Klägers, der mit seiner Photovoltaikanlage Strom erzeugte, diesen teils selbst verbrauchte und nur den Überschuss gegen Entgelt einspeiste. Nach Auffassung des deutschen Bundesfinanzhofs (Az. VR 80/07) ist ein solcher Stromproduzent Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Ungeachtet der anderen Erzeugungsart trifft die Streitfrage exakt die Situation deutscher Betreiber von Blockheizkraftwerken, die den Überschussstrom einspeisen.

Harmonisierung
Wegen des in Europa harmonisierten Umsatzsteuerrechts ist das Urteil auch für die deutsche Steuer relevant. Die deutsche Finanzverwaltung sah die Produzenten und Einspeiser kleiner Mengen Stroms bis zum Urteil des BFH häufig nicht als Unternehmer an, beugt sich aber mittlerweile dem BFH-Urteil. Die Nachbarn vom österreichischen Fiskus verneinten die Unternehmereigenschaft dennoch, aber mit einer anderen Begründung: Sie argumentierten, dass unstreitig der Stromverbrauch des Erzeugerhaushalts die Stromeinspeisung übersteigt. Die lediglich aus der zeitlichen Differenz zwischen Erzeugung und Verbrauch resultierende Einspeisung könne keine Unternehmereigenschaft begründen. Das vor einem österreichischen Gericht begonnene Streitverfahren erreichte schließlich den EuGH. Dieser gab dem Stromerzeuger recht und bejahte die Unternehmereigenschaft.

Eine Frage des Entgelts
Der EuGH sah als entscheidend an, dass tatsächlich Strom gegen Entgelt in das Versorgungsnetz eingespeist wurde. Hiernach komme es nicht mehr darauf an, welche Strommengen der Haushalt verbrauche. Ebenso stellte das Gericht fest, dass eine fehlende Gewinnerzielung die Vorsteuerabzugsmöglichkeit nicht verhindert. Der EuGH teilt im Ergebnis die Auffassung des deutschen Bundesfinanzhofs. Hiernach sind auch Produzenten geringer Mengen elektrischen Stroms mit einem regelmäßigen Stromverkauf Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Rechtsprechung des EuGH geht der nationalen Rechtsprechung vor. Die Ausführungen des EuGH betreffen daher auch deutsche BHKW-Betreiber. Die saldierende Betrachtungsweise des österreichischen Finanzamts wurde in Deutschland bislang nicht thematisiert.

Deutsche Lesart
Die deutsche Finanzverwaltung wehrte sich ausschließlich mit dem Hinweis auf die geringen Erlöse der Stromeinspeiser gegen die Unternehmereigenschaft. Nach mehreren Urteilen des deutschen Bundesfinanzhofs zur Unternehmereigenschaft von Kleinerzeugern und dem Urteil von Europas höchstem Steuergericht dürfte die Unternehmereigenschaft nun endgültig gesichert sein. Über allen Urteilen zur Unternehmereigenschaft darf nicht übersehen werden, dass nur Unternehmensvermögen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach deutscher Lesart ist hierzu eine unternehmerische Nutzung von mindestens 10 Prozent erforderlich. Bei einer Energieerzeugung von typischerweise 70 Prozent Wärme und nur 30 Prozent elektrischer Energie verhindert ein Eigenverbrauch von mehr als 20 Prozent die Zuordnung des BHKW zum Unternehmensvermögen und den Vorsteuerabzug. Betreiber eines Blockheizkraftwerkes müssen also insbesondere dann acht geben, wenn der Eigenverbrauch mit einem Stromspeicher erhöht wird.

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Ein Artikel von Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Rüdiger Quermann

 

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