Der besondere Reiz eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) als stromerzeugende Heizung für Wohngebäude liegt in der energieeffizienten gemeinsamen Erzeugung von Strom und Wärme zum Verbrauch im Objekt. Eine andere Reizwirkung entfalten hingegen die möglichen Verfahren zur Kostenaufteilung auf die beiden erzeugten Energiearten. Die von der Finanzverwaltung geforderte Aufteilung ist heftig umstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) berücksichtigte diese Kritik in einem aktuellen Urteil und fordert die Aufteilung nach dem Wert der erzeugten Energien. Warum diese Aufteilungsvariante nicht immer vorteilhaft ist, zeigt ein Kommentar von Diplom-Finanzwirt und Steuerberater Rüdiger Quermann.
Stammleser der BHKW-Infothek und aktive Nutzer des BHKW-Diskussionsforums kennen das leidige Thema der Kostenaufteilung bei der Koppelproduktion von Strom und Wärme hinlänglich. Diese Aufteilung ist jedenfalls dann erforderlich, wenn die Kosten nicht in vollem Umfang Betriebsausgaben sind. Betroffen ist also der klassische Fall eines BHKW im Einfamilienhaus. Die Kosten des verkauften Stroms stellen Betriebsausgaben dar. Die Kosten der selbst genutzten Wärme sind Kosten der privaten Lebensführung. Dass eine Kostenaufteilung erfolgen muss, ist offensichtlich. Umstritten war die Methode.
Die Finanzverwaltung forderte gegen heftige Kritik und ohne Angabe von Gründen die Aufteilung nach dem Verhältnis der erzeugten Energien, gemessen in Kilowattstunden (kWh). Dieser Maßstab sollte für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer gelten. Bei der Umsatzsteuer ruderte das Finanzamt bereits im gleichen Erlass zurück. Sie verteidigte zwar die Aufteilung nach kWh, erlaubte aber statt des Ansatzes der Selbstkosten der Wärme einen alternativen Ansatz: Genehmigt wurde auch der Ansatz des bundeseinheitlichen Fernwärmepreises, der typisch deutlich unter den Selbstkosten liegt. Die BHKW-Infothek berichtete. Im Ergebnis versteuert der BHKW-Nutzer somit bei der Umsatzsteuer seine Wärme mit dem günstigen Fernwärmepreis und den selbst genutzten Strom – zunächst – gar nicht. Grund hierfür ist das bekannte System der fiktiven Hin- und Rücklieferung des gesamten erzeugten Stroms. Eine Aufteilung der Vorsteuer auf die Eingangsumsätze ist bei Steuerpflicht aller Ausgangsumsätze als Verkauf bzw. Eigennutzung nicht erforderlich.
Zu einer ähnlichen Rechtsfrage urteilte der BFH mit Urteil vom 16. November 2016 (Az. V R 1/15). Für viele BHKW-Betreiber entstehen durch dieses Urteil zumindest mittelbare Auswirkungen. Entschieden wurde in einem Sachverhalt mit unterschiedlichen Arten von Ausgangsumsätzen. Diese erlaubten nur teilweise den Vorsteuerabzug. Folgerichtig waren die Vorsteuern der gemeinsamen Eingangsumsätze aufzuteilen. Das Urteil betrifft einen Fall im landwirtschaftlichen Umfeld, dessen Details – abgesehen von der hier gegenständlichen Aufteilungsfrage – sind für nicht-Landwirte unbedeutend. Der BFH verwarf das von der Finanzverwaltung geforderte Verhältnis der produzierten kWh Strom und Wärme zur Vorsteueraufteilung als nicht sachgerecht. Grund seien die starken Preisunterschiede der Energien Strom und Wärme. Ein geeigneter Aufteilungsmaßstab ist nach dem BFH die mit dem Preis bewertete Menge in kWh Strom und Wärme. Gleichzeitig bestätigte der BFH den für die Wärme zulässigen Ansatz des Fernwärmepreises.
Die Aufteilung hat dem BFH zu Folge mit einer marktpreisgewichteten Bewertung der erzeugten Energien zu erfolgen. Wegen der im Vergleich zum Strom deutlich günstigeren Wärme entfällt damit ein höherer Anteil der Vorsteuern auf die Stromproduktion. Die der Wärmeproduktion zuzuordnende Vorsteuer sinkt entsprechend. Die finanziellen Folgen hängen vom Einsatzzweck des BHKW ab. Bei Nutzung im selbst bewohnten Haus bleibt das Urteil folgenlos. Verkauf und Eigennutzung der Energien sind umsatzsteuerpflichtig. Die Vorsteueraufteilung ist unnötig. Auswirkungen ergeben sich für Mieterstrommodelle beziehungsweise generell bei der Belieferung Dritter durch den BHKW-Betreiber. Die Vermietung ist – meistens – umsatzsteuerfrei und schließt den Vorsteuerabzug damit aus. Gleiches gilt in diesem Zusammenhang für die Wärmeversorgung. Die stellt eine Nebenleistung zur Hauptleistung Wohnungsvermietung dar und wird wie der Vermietungsumsatz behandelt. Die BFH-Rechtsprechung senkt den der Wärmeproduktion zuzuordnenden Anteil an nicht abzugsfähiger Vorsteuer, die bislang Kostenbestandteil wurde. Entsprechend sinken die Nebenkosten der Mieter. Künftige Nebenkostenabrechnungen sind entsprechend anzupassen.
Betroffen ist auch der Vorsteuerabzug der Vergangenheit. Bei steuerfreien Vermietungsumsätzen war die Vorsteuer aus der Anschaffung des BHKW nur teilweise abzugsfähig. Nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung wäre der abzugsfähige Anteil höher. Liegt die Anschaffung des BHKW keine zehn Jahre zurück, ist für die noch verbleibenden Jahre eine Korrektur der Vorsteuer möglich. Rechtsgrundlage ist die Korrekturvorschrift des § 15a UStG. Gegebenenfalls sind auch die Umsatzsteuerbescheide der Vergangenheit noch abänderbar. Diese ergehen meist unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO und erlauben dann eine nachträgliche Korrektur.
Das Urteil erging ausschließlich zur Umsatzsteuer. Damit ist die Anwendung für die Einkommensteuer nicht völlig gesichert. Schließlich entschied der BFH im Zusammenhang mit einer PV-Anlage, dass das für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer bei gemeinsamen Kosten verschiedene Zuordnungsmaßstäbe gelten.
Der Nutzen des Urteils hängt vom Einzelfall und der zum Aufteilungsschlüssel vertretenen Rechtsauffassung ab. Vielen kleinen BHKW kann das Urteil schaden. Der geänderte Aufteilungsschlüssel der Gesamtkosten erhöht die anteiligen Kosten der Stromproduktion. Damit erzielen einige Anlagen nach steuerlichen Kriterien keinen Gewinn mehr. Es liegt ein Fall der sogenannten Liebhaberei vor. Als Folge berücksichtigt das Finanzamt die Verluste nicht mehr an. Auch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen der Vergangenheit können rückwirkend aufgerollt werden. Das Urteil ist somit ein zweischneidiges Schwert. Vor einer Anwendung sollte jeder BHKW-Betreiber die Anwendbarkeit des Urteils sowie Folgen und Risiken bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer in seinem individuellen Fall prüfen.
Ein Artikel von Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Rüdiger Quermann,
Mitglied und steuerrechtlicher Beirat im BHKW-Forum e.V. || (Webseite, Twitter-Feed, Google+)
Weiterführende Links zu dieser Meldung
Dokument: BFH-Urteil vom 16. November 2016 (Az. V R 1/15)
Kategorie: Weitere Meldungen der BHKW-Infothek zum Thema Steuerrecht