Ist für Eigenverbrauch aus BHKW jetzt die volle EEG-Umlage fällig?

Reichstagsgebäude (Bild: Mcschreck)Für BHKW-Betreiber besteht mal wieder große Unsicherheit: Verschiedene Verbände und Publikationen berichteten, dass seit dem 1. Januar 2018 die Reduzierung der EEG-Umlage für die Eigenversorgung aus Blockheizkraftwerken weggefallen sei. Dies soll jedoch ausschließlich diejenigen BHKW-Betreiber betreffen, deren Anlage ab dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurde und die bisher auf Grundlage von § 61b Nr. 2 EEG eine auf 40 Prozent reduzierte EEG-Umlage auf ihren selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom an den Netzbetreiber abgeführt haben. Angeblich sollen diese Anlagenbetreiber nunmehr statt 2,716 Cent je kWh die volle EEG-Umlage in Höhe von 6,79 Cent je kWh auf ihren Eigenstrom zahlen müssen.

Wer ist nicht betroffen?
Aufatmen können wohl diejenigen BHKW-Betreiber, deren Anlage erstmalig vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurde (§ 61c EEG) sowie wohl auch die Betreiber von Anlagen, die ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas nutzen und damit eine Anlage im Sinne des EEG sind (§ 61b Nr. 1 EEG). Ebenfalls nicht betroffen sein soll die Bagatellgrenze von Eigenverbräuchen bis 10.000 kWh pro Jahr aus KWK-Anlagen bis maximal 10 kW elektrischer Leistung (§ 61a Nr. 4 EEG).

Rechtsgrundlage
Es stellt sich jedoch unweigerlich die Frage, warum nun die Betreiber einer „neuen“ KWK-Anlage – daher per Definition mit Inbetriebnahme ab dem 1. August 2014 – statt der mit § 61b Nr. 2 EEG eindeutig auf 40 Prozent reduzierten EEG-Umlage plötzlich die volle EEG-Umlage an ihren Netzbetreiber zahlen sollen. Dieser Gesetzeswortlaut hat sich zum 1. Januar 2018 nämlich nicht geändert! Das Gesetz gebietet daher auch im Jahr 2018 eine Reduktion der EEG-Umlage auf 40 Prozent für Eigenversorgungen. Auch gibt es von offiziellen Stellen keine Stellungnahme, die etwas Gegenteiliges behaupten würde. Nur in mündlichen Gesprächen mit KWK-Verbänden haben Ministerialvertreter durchscheinen lassen, dass es an einer Verlängerung einer „Beihilferechtlichen Genehmigung“ seitens der EU-Kommission fehle. Der Inhalt dieses Papiers ist bisher nicht öffentlich.

Informationsarmut und Nebelkerzen
Auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums wird derweil ganz anders kommuniziert: Unter der glasklaren Überschrift „EU-Kommission genehmigt vollständige EEG-Entlastung von Bestandsanlagen bei der Eigenversorgung“ wird nur beiläufig erwähnt, dass die „Regelung für die Begrenzung der EEG-Umlage auf 40 Prozent für KWK-Neuanlagen […] weiterhin Gegenstand von konstruktiven Gesprächen zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission“ sei. Weiter heißt es, dass „nach einer Einigung mit Brüssel […] die EEG-Umlagenbegrenzung für neue KWK-Eigenversorgungsanlagen [in 2018] gesetzlich neu geregelt und der Europäischen Kommission zügig zur Genehmigung vorgelegt werden“ soll. Es bleibt folglich im Ergebnis festzuhalten, dass die gesetzliche Grundlage für die 40-prozentige Belastung von Eigenversorgungen mit der EEG-Umlage zum 1. Januar 2018 nicht geändert wurde und es zudem keine eindeutige öffentliche Erklärung seitens der EU-Kommission oder der deutschen Behörden gibt, die etwas anderes vermuten lassen könnte.

Rückwirkende Änderung?
Möglich wäre, dass der Gesetzgeber im Laufe dieses Jahres eine Änderung des § 61b Nr. 2 EEG beschließen wird. Inwieweit mit einer rückwirkenden EEG-Änderung möglicherweise der Vertrauensschutz von Anlagenbetreibern in geltendes Recht verletzt würde, war bereits bei der Einführung der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom im Jahr 2014 ein großes Thema. Letztendlich wurde das Gesetz damals so gestaltet, dass den Anlagenbetreibern nicht rückwirkend in die Taschen gegriffen wurde und die Rechtslage nur mit Wirkung auf die Zukunft angepasst wurde. Beim aktuell fraglichen § 61b Nr. 2 EEG handelt es sich jedoch um eine Reduzierung der gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 EEG auf Eigenversorgungen grundsätzlich vollständig zu leistenden EEG-Umlage. Im Ergebnis würde ein Wegfall von § 61b Nr. 2 EEG daher nicht eine neue Belastung schaffen, sondern eine aktuell bestehende Ausnahme aufheben.

Zahlungsanspruch – oder kein Zahlungsanspruch?
Dass die jeweils für die Erhebung der EEG-Umlage örtlich zuständigen Netzbetreiber die EEG-Umlage auf Eigenversorgungen von BHKW-Betreibern, entgegen geltendem nationalen Recht, in voller Höhe – daher ohne Anwendung der Reduzierung des § 61b Nr. 2 EEG – kurzfristig einklagen, darf bezweifelt werden. Auch dürfte nicht davon auszugehen sein, dass die Reduktion bei kleinen KWK-Anlagen – daher wohl allen BHKW zur Gebäudeenergieversorgung – durch eine mögliche Änderung von § 61b Nr. 2 EEG wegfallen wird, da sich die EU-Kommission, den Gerüchten nach, nur an der Befreiung von KWK-Anlagen im industriellen Bereich stören soll. Sollte eine Einigung mit der EU-Kommission jedoch ausbleiben und eine offizielle Versagung der beihilferechtlichen Genehmigung erfolgen, könnten nationale Gerichte § 61b Nr. 2 EEG für nicht anwendbar erklären (vgl. Cremer in: Kommentar zum Verfassungsrecht der Europäischen Union, Calliess/Ruffert (Hrsg.), 5. Aufl. 2016, AEUV Art. 108 Rn. 17). In dieser Folge bestünde ein Zahlungsanspruch der vollen EEG-Umlage aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 EEG. Hinzu kämen gegebenenfalls die Folgen der nicht rechtzeitigen Entrichtung wie Verzugszinsen.

Wie sollten sich betroffene BHKW-Betreiber verhalten?
BHKW-Betreiber geraten durch das Versäumnis der zuständigen Behörden, der Bundesregierung und des Gesetzgebers, nicht rechtzeitig für klare und EU-rechtskonforme Verhältnisse zu sorgen, in ein rechtswissenschaftlich durchaus spannendes Konfliktfeld. Dementsprechend kann es keine rechtssichere Musterlösung geben. Die Leistung der vollständigen EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch unter dem Vorbehalt, dass die Reduzierung des § 61b Nr. 2 EEG in Anspruch genommen wird und die Zahlung lediglich für den Fall in voller Höhe erfolgt, dass § 61b Nr. 2 EEG auf Grund von EU-Recht nicht anwendbar ist, dürfte die wahrscheinlich beste Lösung sein. Gleichwohl erscheint es unwahrscheinlich, dass die Reduzierung der EEG-Umlage auf Eigenversorgungen für BHKW im Bereich der Objektversorgung letztendlich wegfallen wird und selbst wenn dies geschehen sollte, wäre die Last der möglicherweise fälligen Verzugszinsen sehr überschaubar.

Geht das auch in verständlich für Nichtjuristen?
Wie die Sache ausgeht, ist aktuell unklar. Es gibt einen unverändert geltenden Gesetzeswortlaut, aber Gerüchte, dass dieser sich rückwirkend in Luft auflösen könnte. Wer als BHKW-Betreiber jetzt die volle EEG-Umlage an seinen Netzbetreiber bezahlt, sollte dies nur „unter Vorbehalt“ tun. Die Chancen stehen gut, nach einer abschließenden Klärung aller Unwägbarkeiten, eine Rückzahlung in Höhe von 60 Prozent zu erhalten. Wer auch weiterhin entsprechend dem geltenden EEG-Wortlaut nur 40 Prozent der EEG-Umlage für seinen Eigenverbrauch zahlt, kann Pech haben und später die restlichen 60 Prozent der EEG-Umlage und geringfügig Verzugszinsen zahlen müssen. (lfs)

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Rechtlicher Hinweis: Die in diesem Artikel dargestellten Informationen spiegeln die Rechtsauffassung des Autors und des BHKW-Forum e.V. zum Veröffentlichungszeitpunkt unter Berücksichtigung der aktuell bekannten Gerüchte wider. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Sachinformationen und Einschätzungen kann keine Haftung übernommen werden.

 

8 Responses to Ist für Eigenverbrauch aus BHKW jetzt die volle EEG-Umlage fällig?

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