Warm solls werden… nur wie? Das fragen sich viele Bauherren und auch Hausbesitzer, die ihre Heizungsanlage modernisieren wollen. Nach dem Kauf eines Hauses in Butzbach bei Frankfurt am Main stellte sich diese Frage auch für Dr. Angelika Schäfer und Dirk Hedderich. Warum nach umfangreicher Recherche die Entscheidung schließlich auf eine stromerzeugende Heizung fiel, welche Abwägungen maßgeblich waren und wie schließlich der Einbau ablief, berichteten die Beiden im folgenden Praxisbericht.
Man nehme einen Euro und kaufe ein Haus
Eigentlich waren wir im Herbst 2009 auf der Suche nach einem hübschen kleinen Haus im Großraum Frankfurt – gern auch mit Garten und etwas renovierungsbedürftig. Was wir gefunden haben und woran wir spontan unser Herz verloren haben ist eine spannende Herausforderung in Gestalt einer mehrjährigen Großbaustelle mit sehr übersichtlichem Vorgarten. Nach langer Suche nahmen wir im Frühjahr 2010 vom Kauf des ersten Hauses Abstand und konzentrieren unsere Planungen auf ein unter Denkmalschutz stehendes „1 Euro Ruinchen“ in Butzbach. Klar wird dabei: In ein EnEV-2009-Reihenhaus werden wir uns nie verlieben können – in ein Fachwerkhaus mit zweifelhaftem Vorleben dafür aber umso mehr.
Wir hören immer wieder, dass es massive Probleme „mit dem Denkmalschutz“ gibt: Bei uns ist es genau andersherum. Von der unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege werden wir von Anfang an sehr gut unterstützt, alle freuen sich, wie wir vorgehen und besonders auch, dass wir sie vor der Sanierung frühzeitig eingebunden haben. Aber: Hätten wir in dieser Phase Steine in den Weg gelegt bekommen, hätte die Chemie nicht gestimmt – wir hätten vielleicht doch über ein EnEV-2009-Reihenhaus nachgedacht!
Kaum hatten wir im Juni 2010 die ersten Aufräumarbeiten an unserem frisch erstandenen Ruinchen begonnen, stand immer wieder jemand vorm Haus, der sich dafür interessiert was wir vorhaben – viele nette, selten mitleidige und immer aufmunternde Gespräche jeden Tag. Die Nachbarn nehmen regen Anteil an unserem „Projekt“, Nachbarskinder helfen beim Freilegen des Vorgartens und Lehmputz-Schaufeln.
Eine stromerzeugende Heizung muss her!
Ein großer Vorteil bei unserem 1-Euro-Ruinchen: Wir mussten keine alte Heizung rausreißen, keine Nachtspeicheröfen teuer beseitigen lassen – denn es gab schlicht keine Heizung. In der Scheune stand noch ein kleiner Öltank und zwei Ölkannen, mit denen die letzte Bewohnerin vor mehr als zwanzig Jahren kleine Zimmeröfen befüllt hat. Die Öfen waren irgendwann vor unserer Zeit beim Schrotthändler versilbert worden, so mussten wir nur noch den Öltank entsorgen – und konnten bei unserer Heizungsplanung bei Null starten. Und so war der Weg frei für unser Ruinchen-Blockheizkraftwerk.
Planung ist das halbe Leben: Bei der Erstellung der Unterlagen für den Bauantrag stellte sich heraus, dass unser Haus nach der Sanierung unerwartet gute Dämmwerte erreicht: Der Stallbereich musste komplett neu gemauert werden, an einigen Stellen wird eine Mauer hinter dem Fachwerk aufgebaut, um das Dachgeschoss zu tragen und zu den Nachbargebäuden brauchen wir Brandschutzplatten, die nebenbei auch recht gut isolieren. Nur zur Straßenseite haben wir das Fachwerk außen freigelegt, hier kommt innen auf das Fachwerk eine Innendämmung mit Wandheizung. Dazu dann noch die neuen zweifach-verglasten Fenster – die alten Fenster waren leider komplett vergammelt und nicht erhaltenswert.
Mit diesen guten Dämmwerten wäre es sogar möglich, den EnEV 100 Neubaustandard zu erreichen und damit sehr günstige KfW Kredite und einen Tilgungszuschuß zu bekommen. Ja, wenn nur der Primärenergiebedarf nicht wäre! Den Energiebedarf könnte man zwar mit einer Photovoltaikanlage reduzieren – das ist bei unserem Haus mitten in der Stadt aber nicht sinnvoll. Pellets können wir nicht lagern. Für Wärmepumpen ist auch kein Platz, egal was man davon technisch und ökologisch hält. Daher kamen wir früh auf Blockheizkraftwerke.
Unser Jakobsweg zum BHKW
steinig. Blockheizkraftwerke für größere Mehrfamilienhäuser wie den „Dachs HKA“ gibt es zwar schon viele Jahre, aber diese Geräte erzeugen viel zu viel Wärme und Strom für ein Einfamilienhaus. BHKW rechnen sich zur Zeit nur, wenn man die Wärme und möglichst auch den meisten Strom selbst nutzen kann. Am Anfang unserer Wanderung Planung 2010 gab es nur einzelne Anbieter die kleine BHKW angeboten haben, aber viele, die von Prototypen berichteten. Stur, wie man es wohl für eine Fachwerk-Sanierung sein muss, haben wir viele Firmen angesprochen, Termine auf der Baustelle gemacht, Angebote versprochen bekommen – und keine bekommen.
Offensichtlich haben viele Anbieter doch kalte Füße bekommen bei unserem Projekt. Also haben wir Informationen selbst zusammengesucht und viel im BHKW-Diskussionsforum und hier in der BHKW-Infothek gelesen und gefragt. Im Diskussionsforum kann man sich ganz konkret für das eigene Haus beraten lassen, wobei eine gewisse Tendenz „pro BHKW“ allerdings deutlich ist. Aber auch hier benötigt man eigentlich Verbrauchswerte für die Auslegung und Wirtschaftlichkeitsberechnung.
Erst nach einiger Zeit wurde deutlich, warum ein BHKW, das weniger Wärme erzeugt, besser zu unserem Haus mit recht niedrigem Wärmebedarf passt: So kann das BHKW mehr Strom erzeugen, was für die Rentabilität wichtig ist, man will ja nicht die Wärme aus dem Fenster blasen wie ein Kraftwerk. Bei kleinen BHKW ist eine höhere Stromerzeugung meist auch nicht sinnvoll, da man für den verkauften Strom selbst mit Förderungen weniger Geld bekommt, als das eingesetzte Gas kostet.
Unsere Entscheidung für ein Nano-BHKW
Förderungen sind wie bei der Solarindustrie ein wichtiger Aspekt für den Einsatz von BHKW. Auch dank verschiedener Förderungen vom BHKW-Hersteller, KfW, der BAFA und dem Gasanbieter haben wir uns entschieden, ein Nano-BHKW Vaillant ecoPOWER 1.0 zu bestellen. Die vielen Rechenexempel waren dabei allerdings eher kontraproduktiv: Hersteller und Anbieter rechnen natürlich besonders positiv – aber bei einem alten Fachwerkhaus, das lange ungenutzt war und jetzt komplett saniert wird, kommen die Verbrauchswerte eher aus der „Glaskugel“ denn aus den Standard-Berechnungsprogrammen.
Niemand weiß heute, wie hoch die Gas- und Strompreise in zehn Jahren sind – und doch sind das die Zeiträume, in denen man mindestens rechnen muss. Wir mussten außerdem auch feststellen, dass viele Anbieter jeden Cent Förderung penibel auflisten, den man irgendwie bekommen kann – aber bei den Kosten den „dicken Daumen“ ansetzen und wichtige Bauteile übersehen. Unser Architekt hat sicher sehr aufgeatmet, dass wir uns nach vielen Terminen und Abstimmungen endlich entschieden haben: Ein Mikro-BHKW mit Gasmotor, 1 kW elektrischer und 2,5 kW thermischer Leistung und 500 Liter Pufferspeicher wurde bestellt. Der Aufbau sollte noch 2012 erfolgen, da wir Förderbedingungen erfüllen mussten. Da wir recht früh bestellt haben, sah der Plan für den Einbau theoretisch recht gut aus.
Der Einbau unseres Kraftwerkes
Die Praxis hat auch hier wieder die Theorie geschlagen: Die Montage eines BHKW ist deutlich komplexer als die eines Gas-Brennwertgeräts, da sehr viele Gewerke beteiligt sind:
- Der BHKW-Anbieter, der die Planung und Angebote erstellt und dessen Mitarbeiter die Grundinstallation durchführen
- Der Heizungsbauer, der die Heizungsrohre, Gasleitung- und Abwasserleitung für das Nano-BHKW zieht
- Der Hersteller des Mikro-BHKW, dessen Mitarbeiter die technische Abstimmung und Inbetriebnahme übernehmen
- Der Elektriker, der das Nano-BHKW mit einem Erzeugungszähler an das Stromnetz unseres Hauses anschließt
- Die Maurer, die den zusätzlichen Abgasschacht und Schornstein einbauen
- Der Dachdecker für die Herstellung einer Öffnung für den Schornstein und die Abdeckung
- Der Schornsteinfeger für die Abstimmung zum BHKW, Abluftschacht und Abnahme der fertigen Anlage
- Der Gasnetzbetreiber für Gasanschluss und Gaszähler
- Der Gaslieferant, der uns eine erhebliche Rückerstattung für das Nano-BHKW anbietet
- Der Stromnetzbetreiber für den Zwei-Richtungs-Zähler
- Nicht zuletzt unser Architekt der die ganze neumodische Heizungsinstallation mit allen Einzelgewerken koordinieren musste
Dazu dann noch Fristen für Förderungen, widrige Witterungsverhältnisse, die für die meisten Beteiligten neue Technik und der Einbau wurde deutlich spannender als es allen lieb war. Aber letztlich ist alles gut ausgegangen, unser Nano-BHKW lief gerade noch rechtzeitig. Da die Wand- und Fußbodenheizungen erst nach und nach eingebaut werden, standen erst nur fünf „freifliegende“ konventionelle Heizkörper im Ruinchen, damit wir es ganz langsam zum kuscheligen Perlchen aufheizen konnten.
Würden wir es wieder machen?
Mit Radio Eriwan: Ja, aber… Kleine Nano-BHKW sind noch wenig verbreitet. Die Hersteller und Heizungsbauer lernen immer noch dazu, was es heißt diese Technologie in der Breite einzusetzen. Aber wir als Fachwerkhausbesitzer halten es für einen sehr interessanten Ansatz, alte Häuser – besonders wenn sie wegen Denkmalschutz nicht beliebig mit Solarzellen „verziert“ werden können – energieeffizient zu beheizen.
Erstveröffentlicht wurde dieser Praxisbericht in kürzerer Form in der Fachzeitschrift „Holznagel“ in Heft 2/2013 unter dem Titel „Kraftwerk im Fachwerk“ und kann weiter unten als PDF-Datei heruntergeladen werden. Aktuelle Meldungen zum „1 Euro Ruinchen“ sowie ein interessantes Bautagebuch veröffentlicht Dirk Hedderich auf seiner Webseite www.einhausbau.de
Downloads und Links zu diesem Artikel
– PDF-Download: Kraftwerk im Fachwerk, Holznagel 2013, Heft 2, S. 36-38
– PDF-Download: Heizungen mit Doppelnutzen: Kleine BHKW, Holznagel 2013, Heft 3, S. 12-17
– Literatur: Weitere Zeitschriftenartikel über stromerzeugende Heizungen
– Webseite: www.einhausbau.de
3 Responses to Praxisbericht: Vom Ruinchen für einen symbolischen Euro zum schmucken Fachwerkhaus mit hocheffizientem Nano-BHKW