BHKW-Betreiber sollen auf vermiedene Netzentgelte verzichten

Strommast (Foto: Louis-F. Stahl)Ein kürzlich vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegter Referentenentwurf zum Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) gibt vor, „die Erstattungen für Einspeisungen aus dezentralen Erzeugungsanlagen […] an Erfordernisse der Energiewende“ anpassen zu wollen. Doch genau das Gegenteil vom Versprochenen enthält dieser Entwurf: Er sieht die Abschaffung der Zahlung von „vermiedenen Netznutzungsentgelten“ (vNNE) von Netzbetreibern an die Betreiber von (Mini-)Blockheizkraftwerken vor. In Wahrheit soll die Energiewende also wieder einmal nicht vorangetrieben, sondern schlicht konterkariert werden.

Die vNNE erhalten BHKW-Betreiber bisher, weil die Einspeisung von Strom aus BHKW in das Niederspannungsnetz die Stromnetze entlastet. Anders als ungeregelt fluktuierende erneuerbare Erzeugungsanlagen werden BHKW aufgrund der Kraft-Wärme-Kopplung nämlich typischerweise dann betrieben, wenn Wärmebedarf besteht – und dieser tritt dann auf, wenn auch ein lokaler Strombedarf vorliegt. An einem einfachen Beispiel wird dies leicht deutlich: Wenn morgens in einem Mehrfamilienhaus die Bewohner aufstehen und beim Duschen Warmwasser benötigen, läuft das BHKW im Heizungskeller und dessen Strom versorgt direkt den Wasserkocher, die Kaffeemaschine oder den Toaster. Das Netz wird entlastet, weil diese Verbrauchsspitzen lokal geglättet werden. Künftig ist es mit Hilfe smarter Messsysteme sogar denkbar, die Betriebszeitpunkte auch kleiner Anlagen an die lokalen Flauten von erneuerbaren Anlagen zu koppeln.

Das im Verlag des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE-Verlag) veröffentlichte Buch Mikro-KWK-Systeme für den Gebäudebereich bestätigt zudem die in der Folge auftretende Entlastung vorgelagerter Netzebenen durch einen dezentralen BHKW-Betrieb zur Wohngebäudeversorgung (S. 7): „Der Einsatz der Mikro-KWK-Technologie bietet neben der eigentlichen versorgungstechnischen Aufgabe zusätzliche Chancen. […] Speziell soll hier auf die regionale Erzeugung der Elektroenergie verwiesen werden, wodurch der Ausbau der elektrischen Mittel- und Hochspannungsnetze nicht mehr zwingend in dem Maße, wie derzeit anvisiert, erfolgen muss.“

Während diese technische Erklärung des VDE einleuchtet, hat man im Berliner Ministerium anscheinend andere Erkenntnisse: Begründet wird das Vorhaben die vNNE abzuschaffen vom BMWi insbesondere damit, dass „unberechtigte Kostenbelastungen der […] Verbraucher wie auch einzelner Regionen vermieden werden sollen.“ Eine Erklärung, wie eine solche „unberechtigte Kostenbelastung“ zustande kommen soll, bleibt das Ministerium schuldig. Schließlich werden nur für den Netzbetreiber „vermiedene Netzentgelte“ weitergereicht. Die Höhe dieser Entlastung wird vom Netzbetreiber festgelegt – erfolgt im Ausnahmefall keine Entlastung, sind die vermiedenen Netzentgelte nahe null. Dies ist aber nur sehr selten wirklich der Fall. Selbst diese bisherige Regelung wurde zumeist einfach „von Netzbetreibern dahin gehend ausgenutzt, dass den KWK-Betreibern nur 0,15 bis 0,55 Cent/kWh für die vermiedene Netznutzung“ gezahlt werden, gleichwohl die tatsächliche Einsparung weit höher ist (BINE-Fachbuch Blockheizkraftwerke, S. 19).

Es bleibt abzuwarten, ob die im Referentenentwurf zum Netzentgeltmodernisierungsgesetz vorgesehene Abschaffung der vermiedenen Netznutzungsentgelte wirklich vom Bundestag als Gesetz beschlossen wird. Der aktuelle Entwurf sieht eine vollständige Abschaffung für Neuanlagen sowie eine über zehn Jahre gestaffelte Abschaffung für Bestandsanlagen vor. Insbesondere die gestaffelte Abschaffung für Bestandsanlagen dürfte durch die nötige Bürokratie weit mehr Kosten produzieren, als die Abschaffung der bisherigen Umverteilung an zusätzlichen Gewinnen für die Netzbetreiber bescheren kann. Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Frage, warum die vom BMWi geplante Abschaffung der vNNE auch „die Grundlagen der Netzentgeltsystematik verkennt und das Kostenverursachungsprinzip auf den Kopf stellt“ möchten wir auf den lesenswerten Beitrag „Angriff auf die dezentrale Stromerzeugung“ im KWK-Blog von kwkkommt.de hinweisen. (lfs)

Weiterführende Links zu dieser Meldung
Download: Referentenentwurf zum Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG)
Kategorie: Alle Meldungen der BHKW-Infothek zu Politik und Gesetzgebung
Weblink: Angriff auf die dezentrale Stromerzeugung
Weblink: B.KWK lehnt Abschaffung der vNNE ab

 

1 Responses to BHKW-Betreiber sollen auf vermiedene Netzentgelte verzichten

  1. Pingback: KWK-Index Q4/2016: Ein sattes Plus zum Jahresende | BHKW-Infothek

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert